Aufgrund der Entstehung des WWW (World Wide Web) hat das Internet in den letzten 15 Jahren ein explosives Wachstum mit einer immer größer werdenden Anzahl von Computern erfahren, die über TCP/IP kommunizieren. Seit Tim Berners-Lee bei CERN (http://public.web.cern.ch) 1990 das WWW erfunden hat, ist die Anzahl der Internethosts von ein paar tausend auf ca. 100 Millionen angewachsen.
Wie bereits erwähnt, besteht eine IPv4-Adresse nur aus 32 Bit. Außerdem gehen zahlreiche IP-Adressen verloren, da sie aufgrund der organisatorischen Bedingtheit der Netzwerke nicht verwendet werden können. Die Anzahl der in Ihrem Subnetz verfügbaren Adressen ist zwei hoch der Anzahl der Bits minus zwei. Ein Subnetz verfügt also beispielsweise über 2, 6 oder 14 Adressen. Um beispielsweise 128 Hosts mit dem Internet zu verbinden, benötigen Sie ein Subnetz mit 256 IP-Adressen, von denen nur 254 verwendbar sind, da zwei IP-Adressen für die Struktur des Subnetzes selbst erforderlich sind: die Broadcast- und die Netzwerkbasisadresse.
Unter dem aktuellen IPv4-Protokoll sind DHCP oder NAT (Network Address Translation) die typischen Mechanismen, um einem potenziellen Adressmangel vorzubeugen. Kombiniert mit der Konvention, private und öffentliche Adressräume getrennt zu halten, können diese Methoden den Adressmangel sicherlich mäßigen. Das Problem liegt in der Konfiguration der Adressen, die schwierig einzurichten und zu verwalten ist. Um einen Host in einem IPv4-Netzwerk einzurichten, benötigen Sie mehrere Adressen, z. B. die IP-Adresse des Hosts, die Subnetzmaske, die Gateway-Adresse und möglicherweise die Adresse des Namenservers. Alle diese Einträge müssen bekannt sein und können nicht von anderer Stelle her abgeleitet werden.
Mit IPv6 gehören sowohl der Adressmangel als auch die komplizierte Konfiguration der Vergangenheit an. Die folgenden Abschnitte enthalten weitere Informationen zu den Verbesserungen und Vorteilen von IPv6 sowie zum Übergang vom alten zum neuen Protokoll.
Die wichtigste und augenfälligste Verbesserung durch das neue Protokoll ist der enorme Zuwachs des verfügbaren Adressraums. Eine IPv6-Adresse besteht aus 128-Bit-Werten und nicht aus den herkömmlichen 32 Bit. Dies ermöglicht mehrere Billiarden IP-Adressen.
IPv6-Adressen unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich ihrer Länge gänzlich von ihren Vorgängern. Sie verfügen auch über eine andere interne Struktur, die spezifischere Informationen zu den Systemen und Netzwerken enthalten kann, zu denen sie gehören. Weitere Informationen hierzu finden Sie in Abschnitt 18.2.2, „Adresstypen und -struktur“.
In der folgenden Liste werden einige der wichtigsten Vorteile des neuen Protokolls aufgeführt:
IPv6 macht das Netzwerk „Plug-and-Play“-fähig, d. h., ein neu eingerichtetes System wird ohne jegliche manuelle Konfiguration in das (lokale) Netzwerk integriert. Der neue Host verwendet die automatischen Konfigurationsmechanismen, um seine eigene Adresse aus den Informationen abzuleiten, die von den benachbarten Routern zur Verfügung gestellt werden. Dabei nutzt er ein Protokoll, das als ND-Protokoll (Neighbor Discovery) bezeichnet wird. Diese Methode erfordert kein Eingreifen des Administrators und für die Adresszuordnung muss kein zentraler Server verfügbar sein. Dies ist ein weiterer Vorteil gegenüber IPv4, bei dem für die automatische Adresszuordnung ein DHCP-Server erforderlich ist.
IPv6 ermöglicht es, einer Netzwerkschnittstelle gleichzeitig mehrere Adressen zuzuordnen. Dadurch können Benutzer problemlos auf mehrere Netzwerke zugreifen, was beispielsweise mit den von Mobilfunkunternehmen angebotenen internationalen Roaming-Diensten vergleichbar ist. Wenn Sie Ihr Mobiltelefon mit ins Ausland nehmen, meldet sich das Telefon automatisch bei dem fremden Dienst an, sobald Sie dessen Bereich betreten, sodass Sie überall unter Ihrer Rufnummer erreichbar sind und Anrufe genauso wie in Ihrem Heimatland tätigen können.
Bei IPv4 ist die Netzwerksicherheit eine Zusatzfunktion. IPv6 umfasst IPSec als eine seiner Kernfunktionen und ermöglicht es Systemen, über einen sicheren Tunnel zu kommunizieren, um das Ausspionieren durch Außenstehende über das Internet zu verhindern.
Realistisch gesehen, ist es unmöglich, das gesamte Internet auf einmal von IPv4 auf IPv6 umzustellen. Daher ist es wichtig, dass beide Protokolle nicht nur im Internet, sondern auf einem System koexistieren können. Dies wird durch kompatible Adressen (IPv4-Adressen können problemlos in IPv6-Adressen konvertiert werden) und die Verwendung von Tunnels gewährleistet. Siehe Abschnitt 18.2.3, „Koexistenz von IPv4 und IPv6“. Außerdem können Systeme eine Dual-Stack-IP-Technik verwenden, um beide Protokolle gleichzeitig unterstützen zu können. Dies bedeutet, dass sie über zwei Netzwerk-Stacks verfügen, die vollständig unabhängig voneinander sind, sodass zwischen den beiden Protokollversionen keine Konflikte auftreten.
Mit IPv4 müssen einige Dienste, z. B. SMB, ihre Pakete via Broadcast an alle Hosts im lokalen Netzwerk verteilen. IPv6 erlaubt einen sehr viel feineren Ansatz, indem es Servern ermöglicht, Hosts über Multicasting anzusprechen, d. h., sie sprechen mehrere Hosts als Teile einer Gruppe an. Dies unterscheidet sich von der Adressierung aller Hosts über Broadcasting oder der Einzeladressierung der Hosts über Unicasting. Welche Hosts als Gruppe adressiert werden, kann je nach Anwendung unterschiedlich sein. Es gibt einige vordefinierte Gruppen, mit der beispielsweise alle Namenserver (die Multicast-Gruppe „all name servers“) oder alle Router (die Multicast-Gruppe „all routers“) angesprochen werden können.
Wie bereits erwähnt weist das aktuelle IP-Protokoll zwei wichtige Aspekte nicht auf: Es gibt einen zunehmenden Mangel an IP-Adressen und das Konfigurieren des Netzwerks sowie die Verwaltung der Routing-Tabellen wird immer komplexer und arbeitsintensiver. IPv6 löst das erste Problem durch die Erweiterung des Adressraums auf 128 Bit. Das zweite Problem wird durch die Einführung einer hierarchischen Adressstruktur behoben, die mit weiteren hoch entwickelten Techniken zum Zuordnen von Netzwerkadressen sowie mit dem Multihoming (der Fähigkeit, einem Gerät mehrere Adressen zuzuordnen und so den Zugriff auf mehrere Netzwerke zu ermöglichen) kombiniert wird.
Bei der Arbeit mit IPv6 ist es hilfreich, die drei unterschiedlichen Adresstypen zu kennen:
Adressen dieses Typs werden genau einer Netzwerkschnittstelle zugeordnet. Pakete mit derartigen Adressen werden nur einem Ziel zugestellt. Unicast-Adressen werden dementsprechend zum Übertragen von Paketen an einzelne Hosts im lokalen Netzwerk oder im Internet verwendet.
Adressen dieses Typs beziehen sich auf eine Gruppe von Netzwerkschnittstellen. Pakete mit derartigen Adressen werden an alle Ziele zugestellt, die dieser Gruppe angehören. Multicast-Adressen werden hauptsächlich von bestimmten Netzwerkdiensten für die Kommunikation mit bestimmten Hostgruppen verwendet, wobei diese gezielt adressiert werden.
Adressen dieses Typs beziehen sich auf eine Gruppe von Schnittstellen. Pakete mit einer derartigen Adresse werden gemäß den Prinzipien des zugrunde liegenden Routing-Protokolls dem Mitglied der Gruppe gesendet, das dem Absender am nächsten ist. Anycast-Adressen werden verwendet, damit Hosts Informationen zu Servern schneller abrufen können, die im angegebenen Netzwerkbereich bestimmte Dienste anbieten. Sämtliche Server desselben Typs verfügen über dieselbe Anycast-Adresse. Wann immer ein Host einen Dienst anfordert, erhält er eine Antwort von dem vom Routing-Protokoll ermittelten nächstgelegenen Server. Wenn dieser Server aus irgendeinem Grund nicht erreichbar ist, wählt das Protokoll automatisch den zweitnächsten Server, dann den dritten usw. aus.
Eine IPv6-Adresse besteht aus acht vierstelligen Feldern, wobei jedes 16 Bit repräsentiert, und wird in hexadezimaler Notation geschrieben. Die Felder werden ebenfalls durch Doppelpunkte (:
) getrennt. Alle führenden Null-Byte innerhalb eines bestimmten Felds können ausgelassen werden, alle anderen Nullen jedoch nicht. Eine weitere Konvention ist, dass mehr als vier aufeinander folgenden Null-Byte mit einem doppelten Doppelpunkt zusammengefasst werden können. Pro Adresse ist jedoch nur ein ::
zulässig. ***DELETE***. Diese Art der Kurznotation wird in Beispiel 18.3, „Beispiel einer IPv6-Adresse“ dargestellt, in dem alle drei Zeilen derselben Adresse entsprechen.
Beispiel 18.3. Beispiel einer IPv6-Adresse
fe80 : 0000 : 0000 : 0000 : 0000 : 10 : 1000 : 1a4 fe80 : 0 : 0 : 0 : 0 : 10 : 1000 : 1a4 fe80 : : 10 : 1000 : 1a4
Jeder Teil einer IPv6-Adresse hat eine festgelegte Funktion. Die ersten Byte bilden das Präfix und geben den Typ der Adresse an. Der mittlere Teil ist der Netzwerkteil der Adresse, der möglicherweise nicht verwendet wird. Das Ende der Adresse bildet der Hostteil. Bei IPv6 wird die Netzmaske definiert, indem die Länge des Präfixes nach einem Schrägstrich am Ende der Adresse angegeben wird. Adressen wie in Beispiel 18.4, „IPv6-Adressen mit Angabe der Präfix-Länge“ enthalten Informationen zum Netzwerk (die ersten 64 Bit) und zum Hostteil (die letzten 64 Bit). Die 64
bedeutet, dass die Netzmaske mit 64 1-Bit-Werten von links gefüllt wird. Wie bei IPv4 wird die IP-Adresse mit den Werten aus der Netzmaske durch UND verknüpft, um zu ermitteln, ob sich der Host im selben oder einem anderen Subnetz befindet.
IPv6 kennt mehrere vordefinierte Präfixtypen. Einige von diesen sind in Tabelle 18.4, „Unterschiedliche IPv6-Präfixe“ aufgeführt.
Tabelle 18.4. Unterschiedliche IPv6-Präfixe
Präfix (hexadezimal) |
Definition |
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IPv4-über-IPv6-Kompatibilitätsadressen. Diese werden zur Erhaltung der Kompatibilität mit IPv4 verwendet. Für diesen Adresstyp wird ein Router benötigt, der IPv6-Pakete in IPv4-Pakete konvertieren kann. Mehrere spezielle Adressen, z. B. die für das Loopback-Device, verfügen ebenfalls über dieses Präfix. |
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Aggregierbare globale Unicast-Adressen. Wie bei IPv4 kann eine Schnittstelle zugewiesen werden, um einen Teil eines bestimmten Subnetzes zu bilden. Aktuell gibt es folgende Adressräume: |
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Link-local-Adressen. Adressen mit diesem Präfix dürfen nicht geroutet werden und können daher nur im gleichen Subnetz erreicht werden. |
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Site-local-Adressen. Diese Adressen dürfen zwar geroutet werden, aber nur innerhalb des Organisationsnetzwerks, dem sie angehören. Damit entsprechen diese Adressen den bisherigen privaten Netzen (beispielsweise |
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Dies sind Multicast-Adressen. |
Eine Unicast-Adresse besteht aus drei grundlegenden Komponenten:
Der erste Teil, der unter anderem auch eines der oben erwähnten Präfixe enthält, dient dem Routing des Pakets im öffentlichen Internet. Hier sind Informationen zum Provider oder der Institution kodiert, die den Netzwerkzugang bereitstellen.
Der zweite Teil enthält Routing-Informationen über das Subnetz, in dem das Paket zugestellt werden soll.
Der dritte Teil identifiziert eindeutig die Schnittstelle, an die das Paket gerichtet ist. Dies erlaubt, die MAC-Adresse als Adressbestandteil zu verwenden. Da diese weltweit nur einmal vorhanden und zugleich vom Hardwarehersteller fest vorgegeben ist, vereinfacht sich die Konfiguration auf diese Weise sehr. Die ersten 64 Bit werden zu einem so genannten EUI-64
-Token zusammengefasst. Dabei werden die letzten 48 Bit der MAC-Adresse entnommen und die restlichen 24 Bit enthalten spezielle Informationen, die etwas über den Typ des Tokens aussagen. Das ermöglicht dann auch, Geräten ohne MAC-Adresse (z. B. PPP- und ISDN-Verbindungen) ein EUI-64
-Token zuzuweisen.
Abgeleitet aus diesem Grundaufbau werden bei IPv6 fünf verschiedene Typen von Unicast-Adressen unterschieden:
::
(nicht spezifiziert)
Diese Adresse verwendet ein Host als Quelladresse, wenn seine Netzwerkschnittstelle zum ersten Mal initialisiert wird und die Adresse noch nicht anderweitig ermittelt werden kann.
::1
(Loopback)
Adresse des Loopback-Device.
Die IPv6-Adresse setzt sich aus der IPv4-Adresse und einem Präfix von 96 0-Bits zusammen. Dieser Typ der Kompatibilitätsadresse wird beim Tunneling verwendet (siehe Abschnitt 18.2.3, „Koexistenz von IPv4 und IPv6“). IPv4/IPv6-Hosts können so mit anderen kommunizieren, die sich in einer reinen IPv4-Umgebung befinden.
Dieser Adresstyp gibt die Adresse in IPv6-Notation an.
Es gibt zwei Typen von Adressen zum rein lokalen Gebrauch:
Dieser Adresstyp ist ausschließlich für den Gebrauch im lokalen Subnetz bestimmt. Router dürfen Pakete mit solcher Ziel- oder Quelladresse nicht an das Internet oder andere Subnetze weiterreichen. Diese Adressen zeichnen sich durch ein spezielles Präfix (fe80::/10
) und die Schnittstellen-ID der Netzwerkkarte aus. Der Mittelteil der Adresse besteht aus Null-Bytes. Diese Art Adresse wird von den Autokonfigurationsmethoden verwendet, um Hosts im selben Subnetz anzusprechen.
Pakete mit diesem Adresstyp dürfen zwischen einzelnen Subnetzen geroutet werden, aber nicht außerhalb einer Organisation ins Internet gelangen. Solche Adressen werden für Intranets eingesetzt und sind ein Äquivalent zu den privaten IPv4-Adressen. Neben einem definierten Präfix (fec0::/10
) und der Schnittstellen-ID enthalten diese Adressen ein 16-Bit-Feld, in dem die Subnetz-ID kodiert ist. Der Rest wird wieder mit Null-Bytes aufgefüllt.
Zusätzlich gibt es in IPv6 eine grundsätzlich neue Funktion: Einer Netzwerkschnittstelle werden üblicherweise mehrere IP-Adressen zugewiesen. Das hat den Vorteil, dass mehrere verschiedene Netze zur Verfügung stehen. Eines davon kann mithilfe der MAC-Adresse und einem bekannten Präfix vollautomatisch konfiguriert werden, sodass gleich nach Aktivierung von IPv6 alle Hosts im lokalen Netz über Link-local-Adressen erreichbar sind. Durch die MAC-Adresse als Bestandteil der IP-Adresse ist jede dieser Adressen global eindeutig. Einzig die Teile der Site-Topologie und der öffentlichen Topologie können variieren, je nachdem in welchem Netz dieser Host aktuell zu erreichen ist.
Bewegt sich ein Host zwischen mehreren Netzen hin und her, braucht er mindestens zwei Adressen. Die eine, seine Home-Adresse, beinhaltet neben der Schnittstellen-ID die Informationen zu dem Heimatnetz, in dem der Computer normalerweise betrieben wird, und das entsprechende Präfix. Die Home-Adresse ist statisch und wird in der Regel nicht verändert. Alle Pakete, die für diesen Host bestimmt sind, werden ihm sowohl im eigenen als auch in fremden Netzen zugestellt. Möglich wird die Zustellung im Fremdnetz über wesentliche Neuerungen des IPv6-Protokolls, z. B. Stateless Autoconfiguration und Neighbor Discovery. Der mobile Rechner hat neben seiner Home-Adresse eine oder mehrere weitere Adressen, die zu den fremden Netzen gehören, in denen er sich bewegt. Diese Adressen heißen Care-of-Adressen. Im Heimatnetz des mobilen Rechners muss eine Instanz vorhanden sein, die an seine Home-Adresse gerichtete Pakete nachsendet, sollte er sich in einem anderen Netz befinden. Diese Funktion wird in einer IPv6-Umgebung vom Home-Agenten übernommen. Er stellt alle Pakete, die an die Home-Adresse des mobilen Rechners gerichtet sind, über einen Tunnel zu. Pakete, die als Zieladresse die Care-of-Adresse tragen, können ohne Umweg über den Home-Agenten zugestellt werden.
Die Migration aller mit dem Internet verbundenen Hosts von IPv4 auf IPv6 wird nicht auf einen Schlag geschehen. Vielmehr werden das alte und das neue Protokoll noch eine ganze Weile nebeneinanderher existieren. Die Koexistenz auf einem Rechner ist dann möglich, wenn beide Protokolle im Dual Stack-Verfahren implementiert sind. Es bleibt aber die Frage, wie IPv6-Rechner mit IPv4-Rechnern kommunizieren können und wie IPv6-Pakete über die momentan noch vorherrschenden IPv4-Netze transportiert werden sollen. Tunneling und die Verwendung von Kompatibilitätsadressen (siehe Abschnitt 18.2.2, „Adresstypen und -struktur“) sind hier die besten Lösungen.
Einzelne IPv6-Hosts im (weltweiten) IPv4-Netz tauschen ihre Daten über Tunnel aus. Beim Tunneling werden IPv6-Pakete in IPv4-Pakete verpackt, um sie über ein IPv4-Netzwerk transportieren zu können. Ein Tunnel ist definiert als die Verbindung zwischen zwei IPv4-Endpunkten. Hierbei müssen die Pakete die IPv6-Zieladresse (oder das entsprechende Präfix) und die IPv4-Adresse des entfernten Hosts am Tunnelendpunkt enthalten. Einfache Tunnel können von den Administratoren zwischen ihren Netzwerken manuell und nach Absprache konfiguriert werden. Ein solches Tunneling wird statisches Tunneling genannt.
Trotzdem reicht manuelles Tunneling oft nicht aus, um die Menge der zum täglichen vernetzten Arbeiten nötigen Tunnel aufzubauen und zu verwalten. Aus diesem Grund wurden für IPv6 drei verschiedene Verfahren entwickelt, die das dynamische Tunneling erlauben:
IPv6-Pakete werden automatisch in IPv4-Pakete verpackt und über ein IPv4-Netzwerk versandt, in dem Multicasting aktiviert ist. IPv6 wird vorgespiegelt, das gesamte Netzwerk (Internet) sei ein einziges, riesiges LAN (Local Area Network). So wird der IPv4-Endpunkt des Tunnel automatisch ermittelt. Nachteile dieser Methode sind die schlechte Skalierbarkeit und die Tatsache, dass IP-Multicasting keineswegs im gesamten Internet verfügbar ist. Diese Lösung eignet sich für kleinere Netzwerke, die die Möglichkeit von IP-Multicasting bieten. Die zugrunde liegenden Spezifikationen sind in RFC 2529 enthalten.
Bei dieser Methode werden automatisch IPv4-Adressen aus IPv6-Adressen generiert. So können isolierte IPv6-Hosts über ein IPv4-Netz miteinander kommunizieren. Allerdings gibt es einige Probleme, die die Kommunikation zwischen den isolierten IPv6-Hosts und dem Internet betreffen. Diese Methode wird in RFC 3056 beschrieben.
Dieser Ansatz sieht spezielle Server vor, die für IPv6 automatisch dedizierte Tunnel anlegen. Diese Methode wird in RFC 3053 beschrieben.
Die 6Bone-Initiative | |
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Mitten im „altmodischen“ Internet existiert ein weltweit verteiltes Netzwerk von IPv6-Subnetzen, die über Tunnel miteinander verbunden sind. Dies ist das 6Bone-Netzwerk (http://www.6bone.net), eine IPv6-Testumgebung, die von Programmierern und ISPs genutzt werden kann, die IPv6-basierte Dienste entwickeln und anbieten möchten, um Erfahrungen mit dem neuen Protokoll zu sammeln. Weitere Informationen finden Sie auf den Projektseiten von 6Bone im Internet. |
Um IPv6 zu konfigurieren, müssen Sie auf den einzelnen Arbeitsstationen in der Regel keine Änderungen vornehmen. Dazu muss jedoch die IPv6-Unterstützung geladen werden. Geben Sie hierzu den Befehl modprobe ipv6
als root
ein.
Aufgrund des Konzepts der automatischen Konfiguration von IPv6 wird der Netzwerkkarte eine Adresse im Link-local-Netzwerk zugewiesen. In der Regel werden Routing-Tabellen nicht auf Arbeitsstationen verwaltet. Bei Netzwerkroutern kann von der Arbeitsstation unter Verwendung des Router-Advertisement-Protokolls abgefragt werden, welches Präfix und welche Gateways implementiert werden sollen. Zum Einrichten eines IPv6-Routers kann das radvd-Programm verwendet werden. Dieses Programm informiert die Arbeitsstationen darüber, welches Präfix und welche Router für die IPv6-Adressen verwendet werden sollen. Alternativ können Sie die Adressen und das Routing auch mit zebra automatisch konfigurieren.
Weitere Informationen zum Einrichten der unterschiedlichen Tunneltypen mithilfe der Dateien im Verzeichnis /etc/sysconfig/network
finden Sie auf der Manualpage „ifup(8)“.
Das komplexe IPv6-Konzept wird im obigen Überblick nicht vollständig abgedeckt. Weitere ausführliche Informationen zu dem neuen Protokoll finden Sie in den folgenden Online-Dokumentationen und -Büchern:
Eine Artikelserie mit einer gut geschriebenen Einführung in das IPv6-Konzept. Eine gute Grundlage für das Thema.
Hier finden Sie den Beitrag „Linux IPv6 HOWTO“ und viele verwandte Links zum Thema.
Besuchen Sie diese Site, wenn Sie eine Verbindung zu einem getunnelten IPv6-Netzwerk benötigen.
Alles rund um IPv6.
Die grundlegenden IPv6-Spezifikationen.
Ein Buch, in dem alle wichtigen Aspekte zum Thema enthalten sind, ist IPv6 Essentials von Silvia Hagen (ISBN 0-596-00125-8).