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1.109.1

Anpassung und Verwendung der Shell-Umgebung


Beschreibung: Prüfungskandidaten sollten in der Lage sein, Shell-Umgebungen auf die Bedürfnisse der Benutzer hin anzupassen. Dieses Lernziel beinhaltet das Setzen von Umgebungsvariablen (z.B. PATH) beim Login oder beim Aufruf einer neuen Shell. Ebenfalls enthalten ist das Schreiben von Bash-Funktionen für oft benutzte Kommandoabfolgen.

Die wichtigsten Dateien, Bezeichnungen und Anwendungen:


Login-Shell versus NoLogin-Shell

Unix unterscheidet beim Aufruf einer Shell, ob es sich um eine Login-Shell handelt, oder um eine No-Login-Shell. Der Unterschied ist einfach: Die Login-Shell ist die Shell, die beim Login vom login-Programm gestartet wurde. Jede weitere Shell, die von der Login-Shell aufgerufen wird ist eine No-Login-Shell.

Der Grund für diese Unterscheidung liegt in der Frage der Konfigurationsdateien, die später noch genauer dargestellt werden. Zunächst nur so viel: Die Login-Shell muß konfiguriert werden, sie erhält beim Start viele Variablen, die sie an spätere Shells weitervererbt.

Eine Shell, die wiederum von der Loginshell aufgerufen wird hat diese Konfiguration nicht nötig. Durch die Tatsache, daß Variablen an aufgerufene Shells weitergegeben werden können, erledigt sich das von selbst. Außerdem wäre es eine sehr zeitaufwendige Methode, wenn jede Subshell jedesmal alle Konfigurationsdateien abarbeiten müsste.

Die Frage, die sich grundsätzlich stellt ist ja auch die, wozu eine Shell denn überhaupt eine Subshell aufruft. Das kommt sehr viel häufiger vor, als auf den ersten Blick ersichtlich. Jedesmal, wenn die Shell ein Script abarbeitet, wird dazu von ihr eine Subshell aufgerufen. Wenn bei jedem Scriptaufruf dann alle Konfigurationsdateien abgearbeitet werden würden, wäre das eine echte Zeitfrage.

Auch in der graphischen Benutzeroberflache, die ja oft aus einer Shell heraus gestartet wird (startx) erscheinen wieder mehrere xterm-Fenster, in denen jeweils eine Shell läuft. All diese Shells sind keine Login-Shells.

Eine weitere Unterteilung der No-Login-Shells ist die Frage, ob es sich um eine interaktive Shell handelt, oder nicht. Diese Frage ist aber unerheblich, wenn es um die Konfiguration geht.

Die Geltungsbereiche von Shell-Variablen

Die Shellvariablen und Befehle wie set, unset und env wurden schon im Abschnitt 1.103.1 der Vorbereitung auf die LPI101 Prüfung besprochen. Hier geht es jetzt um die Frage des Geltungsbereichs von Variablen.

Wenn innerhalb einer Shell eine Variable definiert wird, und danach eine zweite Shell aufgerufen wird, so ist die Variable innerhalb der zweiten Shell nicht automatisch gültig. Das läßt sich einfach ausprobieren, indem die folgenden Befehle eingegeben werden:

  $ Testvariable=Hallo
  $ echo $Testvariable
  Hallo
  $ bash
  $ echo $Testvariable

  $ exit
  $ echo $Testvariable
  Hallo
Wir haben also zunächst eine Variable Testvariable mit dem Wert Hallo angelegt. Im zweiten Schritt geben wir den Inhalt der Variable aus, das funktioniert erwartungsgemäß. Jetzt starten wir eine zweite Shell mit dem Aufruf von bash. Der erneute Versuch, sich den Inhalt der Variablen anzusehen schlägt fehl. Erst wenn wir die zweite Shell mit exit wieder beenden, funktioniert die Variablenausgabe wieder.

Damit eine Shell eine Variable an ihre Subshells weitergibt, muß die Variable exportiert werden. Das geschieht mit dem Shellbefehl export. Es gibt zwei Formen der Anwendungen, entweder wird eine Variable zuerst definiert und dann exportiert, oder die Variablendefinition geschieht gleich zusammen mit export:

  Variable1=Versuch
  export Variable1
  export Variable2="Noch ein Versuch"
Eine exportierte Variable wird grundsätzlich an alle folgenden Subshells weitergegeben und ist dort verfügbar. Selbst wenn die Subshell wiederum eine Shell aufruft, ist die Variable auch innerhalb dieser dritten Shell gültig.

Wird allerdings die Variable dann in einer Subshell verändert, so bezieht sich diese Veränderung nur auf die Subshell. Innerhalb der aufrufenden Shell behält die Variable ihren alten Wert. Das beweist, daß es sich eben nicht um die selbe Variable handelt, sondern daß eine exportierte Variable in einer Subshell nochmal extra angelegt wird.

  $ export name=hans
  $ echo $name
  hans
  $ bash
  $ echo $name
  hans
  $ name=otto
  $ echo $name
  otto
  $ exit
  $ echo $name
  hans
Wie schon bei der Darstellung des Unterschiedes zwischen LoginShell und NoLoginShell gezeigt, wird jedesmal eine Subshell aufgerufen, wenn ein Shellscript abgearbeitet werden soll. Wenn in diesem Script Variablen definiert werden, dann gelten diese Variablen natürlich nur innerhalb der Subshell. Die aufrufende Shell bekommt von diesen Variablen überhaupt nichts mit.

Das ist aber manchmal sehr unpraktisch. Wenn wir etwa ein Script schreiben, um verschiedene benötigte Shellvariablen anzulegen, dann hilft uns das herzlich wenig, denn jedesmal wenn wir das Script aufrufen werden diese Variablen zwar in der Subshell, die das Script ausführt erzeugt - aber jedesmal, wenn das Script beendet wurde (und damit auch die Subshell) sind die Variablen nicht mehr gültig.

Damit es trotzdem möglich ist, ein Script zu verwenden um Variablen zu definieren, gibt es die Möglichkeit die Shell dazu zu zwingen, keine Subshell zur Abarbeitung des Scripts aufzurufen. Das geschieht einfach durch das Voranstellen eines Punktes vor dem Scriptaufruf. Selbstverständlich muß zwischen dem Punkt und dem Scriptnamen dabei ein Leerzeichen stehen.

Dadurch wird die Shell gezwungen, das Script selbst abzuarbeiten. Die Variablen, die innerhalb dieses Scripts definiert wurden, sind jetzt auch nach der Abarbeitung des Scriptes noch gültig.

Das klingt schön, hat aber einen bedeutenden Haken. Wenn innerhalb des Scrips ein exit vorkommt, normalerweise dazu benutzt, um das Script zu beenden, wird ja die Shell, die das Script ausführt, beendet. Wurde das Script jetzt mit vorgestelltem Punkt aufgerufen, also von unserer Loginshell selbst, dann wird das exit die LoginShell beenden! Wir müßten uns also erneut einloggen.

Scripts, die mit führendem Punkt aufgerufen werden sollen, sollten daher auf keinen Fall - auch nicht zur Fehlerbehandlung - ein exit benutzen.

Alias und Funktion in der interaktiven Shell

Neben den Variablen gibt es noch zwei weitere Formen, die innerhalb einer Shell definiert werden können. Das Alias und die Funktion.

Alias

Ein Alias ist sozusagen ein Mechanismus, der der Shell klar macht, daß ein bestimmter Name eine bestimmte Bedeutung hat. Jedesmal, wenn die Shell auf einen Befehl trifft, überprüft sie zuerst, ob es sich dabei um einen Alias handelt, erst wenn es klar ist, daß es kein Alias ist, wird der Unix-Befehl gesucht. Das heißt, daß damit die Bedeutung von Unix-Befehlen überlagert werden kann. Ein Alias wird nur ein einziges Mal aufgelöst, so daß es möglich ist, bestehende Unix-Befehle umzudefinieren.

Beispiele:

  alias cp="cp -i"
Damit wird der Befehl cp grundsätzlich als cp -i ausgeführt, das heißt, er frägt vor dem Überschreiben einer Zieldatei nach, ob das in Ordnung ist.
  alias ...="cd ..;cd.."
Der Befehl ... ist ein Alias auf den Befehl cd ..;cd .., also zweimal ins nächsthöhere Verzeichnis zu wechseln.
  alias werbinich="echo $LOGNAME \($UID\)"
Der Befehl werbinich gibt in einer Zeile den Usernamen und die UserID des Users aus, der ihn ausführt.

Um Aliase wieder loszuwerden gibt es den Befehl unalias mit dem ein Alias wieder gelöscht werden kann.

Zur Gültigkeit von Aliasen gilt genau das selbe, wie zur Gültigkeit von Shellvariablen. Sie haben nur Gültigkeit in der Shell, in der sie definiert wurden. Im Gegensatz zu Variablen lassen sich Aliase aber nicht exportieren - zumindestens nicht bei modernen Shells. Wenn ein Alias auch innerhalb einer Subshell gelten soll, so muß er in einer Konfigurationsdatei definiert werden, die auch von einer No-Login-Shell abgearbeitet wird, also etwa ~/.bashrc.

Funktionen

Der Alias-Mechanismus erlaubt eine vielseitige Anwendung auch kombinierter Befehle, die unter einem neuen Namen zusammengefasst werden. Er hat aber zwei wesentliche Einschränkungen. Innerhalb des Alias ist es nicht möglich, auf einzelne Parameter des Aliases zuzugreifen, die ihm mitgegeben wurden. Es ist ja tatsächlich ein Textersatz, der hier vorgenommen wird.

Der zweite Nachteil des Aliases ist, daß seine Interpretation nur einmal stattfindet, dadurch kann er nicht rekursiv aufgerufen werden.

Beide Nachteile (die in Wahrheit keine Nachteile sind, sondern nur Unterschiede zur Funktion) werden von den Shellfunktionen abgeschafft. Es handelt sich hier um einen echten Funktionsaufruf, der die mitgegebenen Parameter bearbeiten kann und der rekursiv laufen kann, das heißt, die Funktion kann sich selber aufrufen.

Shellfunktionen sind kleine Unterprogramme, die einen eigenen Namen haben. Sie können sowohl im Script, als auch in der interaktiven Shell verwendet werden.

Die prinzipielle Aufgabe von Funktionen in Programmiersprachen ist, immer wiederkehrende Aufgaben oder logisch zusammenhängende Teile eines Programms zu separieren und als extra Funktion zu lösen. Dabei können einer Funktion, genauso wie dem Script selbst, Parameter übergeben werden; dazu kann eine Funktion einen eigenen (numerischen) Rückgabewert liefern.

Der prinzipielle Aufbau einer Shellfunktion ist:

  function Funktionsname()
  {
    Kommando1
    ... 
  }
Das Schlüsselwort function kann auch weggelassen werden, weil die Shell eine Funktion an den Klammern () am Ende des Funktionsnamens erkennt.

Parameter, die einer Funktion mitgegeben werden, werden nicht in den Klammern im Funktionskopf vordefiniert, wie in anderen Programmiersprachen. Innerhalb der Funktion gelten für die übergebenen Parameter die gleichen Regeln, wie beim Script selbst. $1 bezeichnet den ersten übergebenen Parameter, $2 den zweiten usw. Auch $*, $@ und $# beziehen sich auf die Parameter der Funktion und nicht mehr auf die des Scripts. Allein der Parameter $0 behält den Namen des Scripts und nicht den der Funktion.

Genauer gesagt gelten all die genannten Variablen ($1 - $9, $#, $*, $@) innerhalb einer Funktion als lokale Parameter.

Funktionen können direkt eingegeben werden, das ist aber eher selten. Meist werden sie in den Konfigurationsdateien erstellt und exportiert. Sie müssen wie Variablen und Aliase exportiert werden, damit sie auch in späteren Shells gültig sind.

Wollen wir z.B. eine Funktion schreiben, die beim Verzeichniswechsel gleich den Inhalt des Verzeichnisses anzeigt, in das gewechselt wurde, so können wir das folgendermaßen erledigen:

  function lscd()
  {
    cd $*
    ls
  }
In einem Alias wäre das nicht möglich gewesen, weil wir ja den Aufrufparameter ($*) nicht gehabt hätten. Was aber, wenn wir diese Funktion nicht lscd sondern einfach nur cd genannt hätten?

Das hätte ziemlich schnell dazu geführt, daß der Computer keinen Arbeitsspeicher mehr übrig gehabt hätte. Die Funktion hätte sich nämlich permanent selbst aufgerufen. Ohne eine vernünftige Abbruchbedingung hätte das dazu geführt, daß es zu einer Endlosschleife kommt, die in jedem Durchlauf Speicher anfordert. Es wäre also ein sogenannter rekursiver Aufruf gewesen.

Damit zumindestens interne Befehle der Shell wie cd überlagert werden können, bietet die Shell das reservierte Wort builtin an, das anzeigt, daß in jedem Fall der interne Befehl und nicht die Funktion aufgerufen werden soll. Um unser Beispiel also arbeitsfähig zu machen müßten wir schreiben:

function cd()
{
  builtin cd $*
  ls
}

Die Konfigurationsdateien der bash

Bei den Konfigurationsdateien für die Shell handelt es sich um einfache Shellscripts, deren Ausführungsrecht nicht gesetzt sein muß. Die Shell führt diese Scripts selbst aus, ohne eine Subshell aufzurufen. Die Variablen, Aliase und Funktionen, die in diesen Scripts definiert wurden, gelten also innerhalb der aufrufenden Shell. In der Regel werden diese Variablen, Aliase und Funktionen exportiert, damit sie auch in kommenden Subshells gültig sind.

Natürlich können auch andere Programme aus den Konfigurationsscripts heraus gestartet werden, typisch ist z.B. der Aufruf von umask, um festzulegen, mit welchen Zugriffsrechten Dateien versehen werden sollen, die neu angelegt werden. Auch Tastaturdefinitionen o.ä. können hier eingestellt werden.

Grundsätzlich unterscheidet die Shell bei Konfigurationsdateien, zwischen Login-Shells und Nicht-Login-Shells. Nur bei Login-Shells werden alle Konfigurationsdateien abgearbeitet. Bei allen anderen Shells wird nur optional eine Datei abgearbeitet, die nicht von der Login-Shell benutzt wird. Konkret werden die folgenden Dateien in der angegebenen Reihenfolge und Abhängigkeit von der Login-Shell abgearbeitet:

Diese Konstruktion ermöglicht es, sowohl die systemweiten Einstellungen vorzunehmen, als auch jedem User die Freiheit zu lassen, selbst Einstellungen vorzunehmen. Die /etc/profile-Datei kann nur vom Systemverwalter verändert werden, alle anderen Dateien befinden sich ja in den Heimatverzeichnissen der einzelnen User. Sie sind meist frei editierbar.

Eine einzige Datei wird von der Nicht-Login-Shell abgearbeitet, falls sie existiert - .bashrc im Heimatverzeichnis jedes Users.

Es gibt auch noch eine Datei, die beim Logout - also dem Beenden der LoginShell - abgearbeitet wird, sofern sie existiert. Sie heißt .bash_logout und befindet sich auch im Heimatverzeichnis der einzelnen User. Damit ist es z.B. möglich, daß temporäre Dateien gelöscht werden oder ähnliche Aufräumarbeiten erledigt werden.

Die Bourne Again Shell benutzt eine Library, die für den Umgang mit Eingabezeilen gemacht ist. Diese Library heiß Readline und ist ihrerseits konfigurierbar. Ihre Einstellungen nimmt sie in der Datei .inputrc im Homeverzeichnis jedes Users vor. In dieser Datei können Tastenbindungen vorgenommen werden, um die Standard-Tastenbelegung für die Eingabezeile zu verändern.